(mh, 07.05.2019) Der 7. Mai drehte sich in den Bolle-Sälen in Berlin-Moabit um die Fragen “Wie bekommt man die stark wachsende Weltbevölkerung satt?” und “Welche Rolle spielen dabei Innovationen, Digitalisierung und Nachernteverluste?”

Professor von Braun von der Uni Bonn wies in der Podiumsdiskussion zur Sicherung der Welternährung darauf hin, dass rund ein Sechstel der Regenwaldabholzung in Brasilien durch deutschen Konsum verursacht wird, also Deutschland eine besondere Verantwortung trägt. Investitionen in die Landwirtschaft würden durch die Klimaveränderung immer riskanter, was die Landwirtschaft zusätzlich belastet. Er wies in Bezug auf fair Trade darauf hin, dass genau überlegt und kommuniziert werden muss „Wie fair ist fair?“

Einig war man sich darüber, dass der Konsum nachhaltig werden muss und beispielsweise eine ‘Schnitzel Tax’ her sollte. Fleisch und andere wenig nachhaltige Produkte könnten durchaus als Luxus-Artikel betrachtet werden.

Annalisa Conte berichtete als Direktorin des World Food Pragramme für Kenia über die Erfahrungen vor Ort. Beispielsweise bekommt mehr und mehr das vertical Farming in extrem trockenen Regionen eine besondere Bedeutung.

Einen besonderen Blick für Innovationen und die Digitalisierung in der Food Branche brachte Fabio Ziemssen, Direktor der Food Innovation, NX-FOOD der METRO AG, mit. In Zusammenhang mit der Abfallvermeidung im Lebensmittelbereich berichtete er über die Kooperation der Metro AG mit der Kette Surplus, die abgelaufene, aber noch essbare Lebensmittel verkauft.

Ziemssen betonte das Potential durch die Digitalisierung und die notwendigen Anreize, um diese auch nutzbar zu machen. Internetportalen und der Nutzung der Block Chain in Bezug auf Nachverfolgung in der Landwirtschaft oder im Handel schreibt Ziemssen eine besondere Bedeutung zu, denn der Konsument ist an der Geschichte hinter dem Lebensmittel oder dessen Hersteller interessiert.

Eatr findet sich mit seinen Zielen an vielen Punkten der Diskussionen wieder:
1. Information, Transparenz und Überblick stehen im Zentrum der eatr-Plattform: Inhaltsstoffe, Verträglichkeiten, Besonderheiten zu Gesundheit und Nachträglichkeit werden strukturiert präsentiert
2. eatr kann markt-immanente Anreize zur Nachhaltigkeit bieten: eatr´s Filter zu Verpackungen, Haltbarkeit, Energiebilanzen o.ä. führen zu einer Bevorzugung verantwortungsvolle Anbieter bzw. zum Kauf verantwortungsvoller Lebensmittel
3. gesunde Ernährung wird durch die Filter zur Gesundheit ebenfalls einfacher
4. regionale Produkte werden auf einen Klick gefunden
5. verantwortungsvoll einkaufen wird einfach: Produkte werden aus der Ergebnisliste des Einkaufszettel-Generators direkt an den Händlershop übergeben

5 europäische StartUps haben gezeigt, wie vielfältig nachhaltige Lösungsansätze im Food-Bereich sein können: Crowdfunding für landwirtschaftliche Entwicklungshilfeprojekte, Entwicklung klima-robuster Pflanzen, Fleischherstellung aus Muskelzellen, Verpackungen, die die Frische von Lebensmitteln messen können und eine mobile App für Landwirte.

In ihrer Ansprache betonte Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner immer wieder das Glück der Deutschen, in einem stabilen Land zu leben, in dem die Versorgung mit Lebensmitteln kein Problem ist und dass die Bekämpfung des Hungers in Ländern, die nicht mit Wohlstand gesegnet sind, grundsätzlich immer einen Beitrag zu politischer Stabilisierung leistet.

Um dies und die Gewährleistung der Ernährung einer stark anwachsenden Weltbevölkerung zu erreichen, gibt es verschiedene Ansätze, die nach Klöckners Meinung verfolgt werden sollen. Dazu gehört es, die Logistikketten zu verbessern, die Digitalisierung voranzutreiben – wobei ein flächendeckende Mobilfunkabdeckung Voraussetzung ist. Auch wenn es nach wie vor Stimmen gibt, die der Digitalisierung kritisch gegenüber stehen, hilft nach Aussage der Ministerin Nostalgie nicht dabei, die Herausforderungen zu bewältigen. Durch den Einsatz bereits vorhandener Technik, beispielsweise Apps zur Optimierung des Einsatzes von Wasser, Dünger und Pflanzenschutzmitteln, können Ressourceneffizienz und Tierwohl verbessert werden.

Aus diesem Grund möchte die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) – auf die Initiative von Julia Klöckner hin – einen Digitalrat mit 75 Agrarministern ins Leben rufen. Ziel soll es sein, den Stand der Nationen zu vereinheitlichen anstatt sich gegenseitig im Wettbewerb abhängen zu wollen. China will beispielsweise bis zum Jahr 2025 die Weltherrschaft in der landwirtschaftlichen Digitalisierung haben.

Auch in den Organisationsstrukturen des Landwirtschaftsministeriums schlägt sich das Digitalisierungserfordernis in Form von für jede Abteilung eingeführten Digitalisierungsreferenten nieder.

Auch finanzielle Förderung spielt nach wie vor eine Rolle, auch wenn sie aus formalen Gründen oft nicht abgerufen wird. Den Nachernteverlusten beispielsweise soll mit einer Finanzspritze von 9 Millionen Euro entgegengewirkt werden.

Der Rahmen der Veranstaltung war übrigens sehr passend gestaltet: Heuschrecken als Lunch-Beilage und Kühe als Highlight beim Toilettengang (s. Foto).